Mit einem Helikopter wird Jörg W. von Bayern in die Justizvollzugsanstalt in Bielefeld-Brackwede gebracht und dort im Hochsicherheitstrakt untergebracht. Kevin R. sitzt in der Justizvollzugsanstalt in Detmold. Beide beschuldigen den jeweils anderen der Taten – die tiefe Freundschaft scheint vorbei.

In ihren Gefängniszellen warten Jörg W. und Kevin R. darauf, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhebt und der Prozess um den Hiller Dreifachmord beginnt [7]. Die beiden beschuldigen sich gegenseitig, wollen jeweils nur Komplize und Helfer, nicht aber Täter gewesen sein.

Vor allem Jörg W. fällt immer wieder durch abwegige Schilderungen auf, erzählt von angeblichen Krebs-Erkrankungen und lügt, wenn es um seinen Lebenslauf geht. Im Haus des 51-Jährigen entdecken die Ermittler bei Durchsuchungen ein Atelierzimmer. Auch im Wohnzimmer steht eine Staffelei. Wie Jörg W. im Gericht erzählen lässt, habe er sich im Gefängnis Malstifte geben lassen, um sich abzulenken [13].

Bei Freunden und Bekannten in Hille prahlt er über seine Zeit in der Fremdenlegion. Er sei in der Einheit der Fallschirmspringer gewesen, habe Einrichtungen feindlicher Truppen zerstört und im Irak-Krieg gekämpft. Dass davon nichts stimmt, wird später im Prozess aufgedeckt. Lediglich zwei Monate und 28 Tage hat Jörg W. in der Fremdenlegion gedient, bevor er aufgrund einer medizinischen Untauglichkeit ehrenhaft entlassen wurde. In der militärischen Einheit war Jörg W. mit einer falschen Identität ausgestattet und unter dem Namen Johann Wagner bekannt.

Illustration: Alex Lehn

Ebenso wie bei seiner militärischen Laufbahn weicht Jörg W. auch bei seinen Bewerbungsschreiben von den Tatsachen ab. In seinen Lebensläufen erfindet er mehrjährige Tätigkeiten als Bauleiter, Qualitätsprüfer und Maurer. Nicht weiter thematisiert vor Gericht werden Jörg W.s angebliche Kontakte ins Rockermilieu. Er selbst soll damit geprahlt haben, dass er gute Kontakte habe und will sogar auf der Hochzeit von Hells-Angels-Größe Frank Hanebuth eingeladen gewesen sein [12].

Die drei Morde wären nicht passiert, hätte er seinen Ziehsohn nicht nach Hille geholt, behauptet Jörg W gegenüber Ermittlern. Über Kevin sagt er, dass dieser weitere Morde mit einer Axt oder einem Beil angekündigt habe. „Der hätte auch seine Oma umgebracht“, soll er gesagt haben. Selbst will er niemanden umgebracht haben. Übrigens ebenso wie Kevin R. Auch er gibt an, die Leichen jeweils nur beseitigt, nicht aber selbst zur Tatwaffe gegriffen zu haben.

Wer sagt hier die Wahrheit? 

Quelle:

[7] Gemeinsame Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Bielefeld, der Polizei Bielefeld und der Polizei Minden-Lübbecke vom 19. März 2018

[13] Aussage/Protokoll vor dem Landgericht Bielefeld

[12] Recherche Mindener Tageblatt